Geld ist verführerisch. Und Monheim am Rhein hat in den letzten Jahren sehr viel davon als Gewerbesteuer eingenommen. Doch nun sieht es so aus, als würde die Bremer Privatbank Greensill insolvent gehen, bei der die Stadtverwaltung insgesamt 38 Mio Euro angelegt hat.
Nachdem Bürgermeister Zimmermann schon quer durch die Republik bereitwillig Interviews gegeben hatte, musste er in der gestrigen Sondersitzung des Rechnungsprüfungsausschusses diesem Rede und Antwort stehen.
Dort wurde über den aktuellen Stand der 38 Mio Euro und der Finanzanlagen der Stadt insgesamt berichtet. Weiterhin wurden unabhängige Prüfungen durch das Rechnungsprüfungsamt und durch eine externe Wirtschaftsberatungskanzlei eingeleitet. „Erste Verständnisfragen konnten geklärt werden, doch nun muss umfassend aufgeklärt werden“, fordert Alexander Schumacher, Vorsitzender der SPD und Stadtratsfraktion. „Hierzu hat die SPD einen umfangreichen Fragenkatalog erarbeitet, mit dem wir die Arbeit der unabhängigen Prüfungen unterstützen möchten.“
SPD-Chef Schumacher, der ebenfalls Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses ist, sieht in der Causa „Greensill“ die Notwendigkeit, auf mehreren Ebenen die Vorgänge zu untersuchen. „Zum einen hat der Stadtrat schon vor sieben Jahren eine Anlagenrichtlinie beschlossen, die für „Greensill“ und einigen weiteren Anlagen von der Stadtverwaltung nicht berücksichtigt wurde ‘‘. Zum anderen gehören für ihn auch dringend die definierten städtischen Freigabeberechtigungen der Verwaltungsmitarbeiter und deren Handeln auf den Prüfstand. „Zusätzliche müssen wir untersuchen, warum der Anlagenbeirat derart unregelmäßig und nicht satzungsgemäß getagt hat und wo da die Verantwortlichkeiten liegen!“ fordert er. Schon durch die Gemeindeordnung wird die Stadt auf die Grundsätze einer sicheren und wirtschaftlichen Vermögensverwaltung verpflichtet. Die beschlossene Anlagenrichtlinie führt das noch weiter aus.
„Durch den wahrscheinlichen Verlust von 38 Mio Euro sind aus unserer Sicht die Grundsätze einer sicheren und wirtschaftlichen Vermögensverwaltung verletzt worden“, so Schumacher weiter. „Es ist mir absolut unverständlich, dass eine so reiche Stadt wie Monheim sich den Negativzins von 0,5 % im Jahr nicht leisten kann um das Geld der Bürger abzusichern. 38 Mio sind kein Pappenstiel und auch nicht das Familienauto, was eben mal durch Hochwasser absäuft. Ich kenne keine Familie, der das schon passiert ist. Ich kenne allerdings voll berufstätige Paare, die zum Mindestlohntarif arbeiten. Die müssten 1000 Jahre arbeiten, um 38 Mio Euro zu verdienen.
Es handelt sich hier um Steuergelder, für die die Stadtverwaltung – und an deren Spitze Bürgermeister Zimmermann – verantwortlich sind!“
Fragenkatalog der SPD-Fraktion
Fragen zum Anlagenbeirat
1. Nach § 13 soll halbjährlich eine Sitzung des Anlagebeirats (= Bürgermeister als Vorsitzender +Verwaltungsvorstand +jeweils ein(e) Vertreter(in) jeder Ratsfraktion) stattfinden. Quartalsweise soll es eine fortlaufende Berichterstattung an den Anlagebeirat geben (§ 12, 3. Abschnitt) geben.
Warum ist das so nicht erfolgt?
Warum gab es 2020 keine Sitzungen des Anlagebeirats?
Wann gab es die letzte Berichterstattung?
Gem. dieser Richtlinie war somit zumindest der Verwaltungsvorstand, also auch der BM, über den Vorgang der Kapitalanlage bei Greensill informiert. Wie steht es somit um die Verantwortung von Vorstand und BM? Sind Vorstand und BM hier ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen?
2. Wurde in einer Sitzung des Anlagebeirats jemals das Thema „Wegfall/Einschränkung der Einlagensicherung bei Kreditinstituten für Kommunen“ behandelt?
In welcher Form?
Gibt es eine Entscheidung des Anlagebeirats darüber?
3. Nach § 13 soll die Richtlinie in einem Abstand von 2 Jahren durch das Team Finanzanlagen überprüft und erkannte und notwendige Änderungen unverzüglich dem Rat der Stadt Monheim zur Entscheidung vorgelegt werden.
Ist eine solche Überprüfung nach dem Wegfall bzw. der Einschränkung der Einlagensicherung für Kommunen erfolgt?
Wenn nein, warum wurde dafür keine Notwendigkeit gesehen?
4. Nach § 5 ist für Anlagen bei Kreditinstituten eine Bonitätsprüfung durchzuführen. „Die Auswahl der Produkte erfolgt für jedes abzuschließende Geschäft in einem dokumentierten, nachvollziehbaren Prozess“ (§ 9, Absatz 2).
Wie wurde die Bonitätsprüfung im Fall Greensill durchgeführt?
Welche Dokumente liegen dazu vor?
5. § 9 der Anlagerichtlinie besagt: „Es dürfen nur Anlagen bei Kreditinstituten getätigt werden, die dem Einlagensicherungsfond unterliegen.“ Seit 2017 sind jedoch Kommunen generell von einer Absicherung durch diesen Fond ausdrücklich ausgenommen, so dass entsprechende Monheimer Einlagen bei Greensill, die 2020/21 getätigt wurden gem. Anlagerichtlinie ausdrücklich untersagt sind. Warum wurde die Einlage trotz des ausdrücklichen Verbotes vorgenommen, noch dazu unter Außerachtlassen des Anlagebeirates?
6. Die Anlagerichtlinie besagt ebenfalls in § 9, dass solche Einlagen nur bei Instituten zulässig sind, die ein positives Rating durch Moodys, bei S&P oder bei Fitch vorweisen können. Wurde eine solches, in der eigenen Richtlinie genanntes Rating überprüft?
Fragen zum Handeln der Verwaltung
1. Welche internen Dienstanweisungen und Richtlinien berechtigen die Verwaltung bzw. deren Mitarbeiter*Innen zum Abschluss von solchen Anlage-Geschäften?
Welche Kontroll-Instanzen sind vorhanden?
2. Wie erklärt sich der hohe Anlagebetrag von insgesamt 38 Mio EUR?
Gibt es ein Limit für die Anlage bei einzelnen Banken?
3. Wer hat die Geschäfte mit der Greensill-Bank abgeschlossen?
Wer hat die Einhaltung der Anlagerichtlinien überprüft und dies dokumentiert?
Wer hat die Dokumente unterschrieben?
Wer wurde wann informiert?
4. Bereits vor zwei Jahren gab es Anlagen bei der Greensill-Bank ohne Einlagensicherung (Interview Zimmermann, Süddeutsche Zeitung 05.03.21).
Gibt es oder gab es weitere Anlagen bei Banken ohne Einlagensicherung?
Ist hierrüber der Anlagebeirat informiert worden?
Wer ist hierfür verantwortlich?
5. Nachdem 2017 der Einlagensicherungsfond nicht mehr für Kommunen galt, ist dies verwaltungsintern diskutiert worden (Interview Zimmermann, Süddeutsche Zeitung 05.03.21).
Gibt es hierzu Vermerke, Protokolle oder ähnliches?
Ist hierrüber der Anlagebeirat informiert worden?
6. Laut mehreren Medienberichten schrieb die Ratingagentur Scope im Oktober 2020, dass die deutsche Greensill Bank beim Betreiben von Geschäften und der Absicherung von Kreditrisiken komplett von der Muttergesellschaft, der australischen Greensill Capital, abhängig sei. Das Bremer Kreditinstitut fungiere als Geld- und Garantiegeber für die Gruppe. Refinanziert wurden die Geschäfte auch durch Einlagen von Privatkunden, die zu vergleichsweise hohen Zinsen offeriert wurden. Ende 2019 lagen die Verbindlichkeiten gegenüber Kunden bei rund 3,3 Milliarden Euro.
War dies der Stadtverwaltung bekannt?
Woher entnimmt die Stadtverwaltung ihre Informationen zur Beurteilung von Geldanlagen?
Wer bewertet diese? Wonach?
7. Gibt es oder gab es Geschäfte mit Finanzderivaten (z. B. Zinsswaps, Futures, Optionen, caps/collars usw.)?
Falls ja, zu welchem Zweck und mit welchem Erfolg?
8. Gibt es oder gab es Geschäfte in Fremdwährung?
Falls ja, zu welchem Zweck und mit welchem Erfolg?